Die Geschichte von Joseph Pilates ist eine Inspiration für alle. Ein krankes Kind wurde zum Fitness-Guru, der nach Amerika ging, weil er nicht unter einem politischen Regime arbeiten wollte, dem er misstraute. In New York eröffnete er ein Studio und unterrichtete dort eine Methode, die er Contrology nannte, die wir heute als Pilates kennen.
Im späten 19. Jahrhundert wurden sogenannte SPA'S in Deutschland immer beliebter und man entdeckte den Wert von körperlicher Bewegung an frischer Luft. Die meisten Menschen waren davon überzeugt, dass dieses «Turnen» Krankheiten vorbeugen und heilen konnte. Als Pilates von ein Junge war, wurde an eini-gen deutschen Schulen bereits «Gymnastik» unterrichtet, um körperliche Kraft, Ausdauer und Koordination zu schulen.
Pilates fand die Idee der Selbstheilung durch Körperübungen interessant und arbeitete hart daran, seine durch die Krankheit entstandenen Bein- und Wirbel-säulendeformationen zu korrigieren. Mit 14 Jahren hatte er eine so ausgeprägte Muskulatur entwickelt, dass man ihn bat, für anatomische Zeichnungen Modell zu stehen.
Doch Pilates schätzte nicht nur
Gymnastik, sondern auch Boxen. Er war in Deutschland als Lehrer für Selbstverteidigung
tätig, bevor er 1912 nach England ging, wo er auch als Zirkusartist auftrat.
Man engagierte ihn bald, um die Beamten von Scotland Yard zu schulen. Auch den
grossen Boxer Max Schmeling trainierte er. Sein ganzes Leben drehte sich um die
Idee der Fitness. Damit war sein Lebensweg vorgezeichnet.
Der Erste Weltkrieg (1914 - 1918)
Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbracht, wurde Pilates als feindlicher Ausländer
interniert, zuerst in Lancaster, gegen Ende des Krieges dann auf der Isle of
Man. In diesen Lagern entwickelte er erste Ideen zum Thema «Fitness und
Gesundheit» und ermutigte andere mitzumachen. So war er auf der Isle of Man in
einem Lazarett tätig und erfand eine Vorrichtung mit Bettfedern, die es Verletzten
erlaubte, ihre Muskeln zu trainieren, ohne verletzte Regionen zu schädigen.
Von 1918 – 1919 wütete eine Grippeepidemie
in Europa und forderte mehr als 20 Millionen Opfer. Interessanterweise blieb
die Zahl der Opfer in dem Lazarett, in dem Pilates arbeitete, gering, obwohl
die Patienten dort durch ihre Verletzungen stark geschwächt waren. Viele der
Kranken schrieben dies Pilates Trainings-system zu.
Nachkriegsjahre
Nach dem Krieg kehrte Pilates nach Deutschland zurück, wo er Rudolph von Laban
kennenlernte, einen Pionier des modernen Tanzes, der eine Form der Be-schreibung
von Bewegungen entwickelte, die nach ihm Labanotation
heisst. Dies war Pilates erster Kontakt mit der Welt des Tanzes. Er erkannte
sofort, welch ausgedehntes Betätigungsfeld ihm hier offenstand. Tänzer brauchen
einen auch unter Stress voll funktionsfähigen Körper und riskieren ständig Verletzungen.
Er aber konnte sie lernen, wie man diesen vorbeugen bzw. sie heilen konnte.
Die Zeit für die Pilates-Methode war
gekommen. 1925 Wurde ein Film über Per Henrik Lings «Gymnastik» gedreht,
Dutzende von «Turnhallen» entstanden in ganz Deutschland. Pilates wurde immer
bekannter, ja er begann sogar, die deutsche Polizei zu trainieren. Als der
deutsche Kaiser ihn aber 1926 aufforderte, die Eli-tetruppen der deutschen Armee
zu trainieren, konnte der ausgemachte Pazifist Pilates daran keinen Gefallen finden.
Viele Deutsche gingen angesichts der militaristischen Atmosphäre in ihrem Land
ins Ausland. Pilates früherer Klient, der Boxer Max Schmeling, ging nach New
York. Sein Manager bot Pilates an, ihm dort ein Studio einzurichten, wenn er
den späteren Weltmeister weiter trainieren würde. Pilates nahm an und begann
mit 42 Jahren ein neues Leben auf einem neuen Kontinent.
In Amerika
Auf der Fahrt über den Atlantik im April 1926 kam es zu einem weiteren einschneidenden
Ereignis. Pilates lernte eine junge Frau namens Clara kennen, die Krankenschwester
oder Kindergärtnerin war. Die beiden verliebten sich, heirateten und Clara
wurde in den USA Pilates rechte Hand, die mit ihm im Studio trainierte, aber auch
Werbung und Kundenkontakte übernahm.
Max Schmelings Manager brachte Pilates in
einem Studio in der 8th Avenue, Hausnummer 939, unter. Dort widmete dieser sich
der Aufgabe, trotz der Weltwirt-schaftskriese genug Klienten anzuwerben, um
davon leben zu können. Um ihm herum gingen Unternehmen und Banken pleite, doch
Pilates kam irgendwie über die Runden und wurde im neuen Land immer bekannter.
Er freundete sich mit den Tänzern Ted Shaun und Ruth St. Denis an, die eine
Tanztruppe führten.
Ausserdem half er, ein neues zu Hause
für Tanz am Jacob’s Place aufzubauen, was seine Verbindung zur Tänzergemeinde
noch stärkte. Bald bekam er berühmte Schüler wie Ron Fletcher, Hanya Holm,
Merce Cunnincham und Martha Graham.
1934 veröffentlichte Pilates ein Büchlein über seine neue Methode, das den
Titel trug, Your Health.
In diesem Buch werden keine Übungen vorgestellt, sondern nur das Grundprinzip der Balance zwischen Körper und Geist gelehrt. Schon damals verwies Pilates darauf, dass viele Trainer seine Methode nützten, ohne auf ihn als Erfinder zu verweisen. Dieses Problem sollte ihn sein Leben lang begleiten. Sein System, das er Contrology nannte, wurde immer häufiger imitiert. Das galt auch für die neuen Geräte, die er entwickelte, den Cadillac und den Universal Reformer (siehe Bild unten). Denn es war bald bekannt, dass Patienten mit Verletzungen oder Muskelproblemen sich bei ihm in Rekordzeit erholten.